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Baufinanzierung: welchen Einfluss hat der EZB-Leitzins auf die Zinskonditionen

(Update 14.02.2022) Viele Verbraucher glauben, dass der Leitzins der EZB einen direkten Einfluss auf die Zinssätze für Immobilienfinanzierungen hat. Steigt der Leitzins der Europäischen Zentralbank, steigen auch die Zinsen für Immobilienfinanzierungen - und umgekehrt. Aber stimmt das oder ist das nur ein Mythos?

Was ist eigentlich der EZB-Leitzins?

Wenn in den Medien vom “EZB-Leitzins” die Rede ist, ist damit der so genannte Hauptrefinanzierungszinssatz gemeint. Zu diesem Zins können sich Banken Geld von der EZB für die Zeit von einer Woche (!) leihen. Die EZB bietet Banken zusätzlich auch längerfristige Darlehen mit einer Laufzeit von 3 Monaten an.

Wo beschaffen sich Banken das Kapital für ihre Immobilienfinanzierungen?

Wenn Banken langfristige Hypothekenkredite vergeben, müssen sie sich das dafür notwendige Kapital am Kapitalmarkt beschaffen. Optimal wäre es natürlich, wenn sie das Geld bei ihren Kunden einsammeln könnten, aber welcher Bankkunde hat bei seiner Bank Kapital für 10 oder mehr Jahre fest angelegt? Und allein mit dem Geld, das auf Giro- und Tagesgeldkonten liegt, kann man langfristigen Immobiliendarlehen refinanzieren. Also bleibt nur der Kapitalmarkt, auf dem Anleger vor allem nach sicheren Wegen suchen, ihr Geld anzulegen.

Banken beschaffen sich dort das Kapital für Immobilienfinanzierungen vor allem durch die Ausgabe von Pfandbriefen. Diese Pfandbriefe müssen dann “unter das Volk” bzw. unter Investoren gebracht werden. Das sind weniger Privatpersonen als institutionelle Anleger wie Investmentfonds, Versicherungsgesellschaften oder Pensionsfonds.

Welche Auswirkungen haben Zinserhöhungen durch die EZB?

Wenn die EZB den Leitzins erhöht oder senkt, wirkt sich das auf kurzfristige Zinssätze der Banken aus (beispielsweise bei Tagesgeldkonten, Dispokrediten usw.). Auf die Zinssätze bei Immobilienfinanzierungen hat das keine direkte Auswirkung (ausgenommen ggf. bei variablen Krediten). Aber: Änderungen bei den EZB-Leitzinsen geben einen Trend vor. Erhöht die EZB die Leitzinsen, müssen die Anbieter von Pfandbriefen ggf. ebenfalls die Zinsen erhöhen, damit sie die Pfandbriefe auch weiterhin am Kapitalmarkt loswerden.

Wer wissen will, in welche Richtung die Zinsen für Immobilienfinanzierungen gehen, sollte die Rendite von Bundesanleihen im Blick behalten. An diesen Renditen müssen sich die Renditen der Pfandbriefe messen lassen (wenn sie schlechter verzinst würden, würde sie keiner mehr kaufen).

Neben den reinen Kapitalmarktkonditionen gibt es noch weitere Faktoren, die die Zinssätze für Immobilienfinanzierungen beeinflussen können. So hat beispielsweise das Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) die Banken im Februar 2022 dazu verdonnert, ausgegebene Darlehen für Wohnimmobilien mit mehr Eigenkapital (das der Banken selbst) zu unterlegen. Dies ist eine Vorsichtsmaßnahme gegen die Folge einer möglichen Immobilienblase. Da dieses Eigenkapital aus Bankensicht vergleichsweise teuer ist, haben sich die Zinssätze für Immobilienfinanzierungen allgemein schon deutlich erhöht.

Zudem sind Immobilienfinanzierungen aus Bankensicht fast schon das einzige Geschäft, das halbwegs vernünftige Erträge abwirft. Mit vielen anderen Bankdienstleistungen (z.B. Girokonten) ist angesichts des Wettbewerbes bei den Kontoführungsgebühren kaum Geld zu verdienen. Insoweit werden Banken künftig versuchen, ihre Marge bei Immobilienfinanzierungen zu erhöhen (Marge = das, was bei der Finanzierung bei der Bank nach Abzug von Kosten "hängen bleibt").

Ihr

Olaf Varlemann

Inhaber von baufi-nord.de