Gewerbetreibender oder Freiberufler?
Die Abgrenzung zwischen Freiberuflern und “normalen” Gewerbetreibenden ist nicht immer ganz einfach. Grundsätzlich sind Freiberufler auch Gewerbetreibende, geniessen aber u.a. steuerliche Vorteile, da die sog. Freien Berufe nicht der Gewerbesteuer unterliegen.
In § 18 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) sind einige Beispiele dafür aufgeführt, welche Tätigkeiten im einzelnen freiberuflich sind. Freiberufler ist, wer:
- selbstständig und eigenverantwortlich tätig ist
und
- eine wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit ausübt
Einen einheitlichen Oberbegriff der freien Berufe gibt es nicht, so dass der in § 18 Abs. 1 Nr.1 EStG aufgeführte Katalog freier Berufe nicht abschließend ist. Bei vergleichbaren Berufen ist jeweils im Einzelnen zu entscheiden.
Freie Berufe setzen eine Tätigkeit voraus, der nicht unbedingt ein Hochschulstudium vorangegangen sein muss. Es muss sich nur um eine Ausbildung wissenschaftlicher Art handeln. Darunter fallen auch das Selbststudium oder durch Berufstätigkeit erworbene Kenntnisse. Die Kenntnisse müssen dem Niveau eines Hochschulstudiums entsprechen. So definiert der Europäische Gerichtshof (EuGH) die freien Berufe (i.S. der 6. EG-Richtlinie) als:
„Tätigkeiten die ausgesprochen intellektuellen Charakter haben, eine hohe Qualifikation verlangen und gewöhnlich einer genauen und strengen berufsständischen Regelung unterliegen“.
Freiberufler unterliegen nicht der Pflicht zur Anmeldung beim Gewerbeamt. Sie beantragen die Vergabe einer Steuernummer direkt beim Finanzamt. Sie unterliegen nicht der Gewerbesteuer.
Wie grenzen sich der „Gewerbetreibende“ und der „Freiberufler“ voneinander ab?
Die Abgrenzung ist oftmals schwierig, da zum Beispiel auch der freiberuflichen Tätigkeit in der Regel die Erwerbsabsicht nicht fehlt. Viele Tätigkeiten fallen also sowohl unter die Merkmale der freiberuflichen Tätigkeit als auch unter die des Gewerbes. In diesen Fällen ist das ausschlaggebende Entscheidungskriterium die geistige, schöpferische Arbeit, die bei einer freiberuflichen Tätigkeit im Vordergrund steht.
Nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören insbesondere zu der freiberuflichen Tätigkeit:
- die selbstständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit
- die selbstständige Berufstätigkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Rechtsanwälte, Notare, Patentanwälte, Vermessungsingenieure, Ingenieure, Architekten, Handelschemiker, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, beratende Volks- und Betriebswirte, vereidigten Buchprüfer (vereidigten Bücherrevisoren), Steuerbevollmächtigten, Heilpraktiker, Dentisten, Krankengymnasten, Journalisten, Bildberichterstatter, Dolmetscher, Übersetzer, Lotsen (sogenannte Katalogberufe)
- die den Katalogberufen ähnliche Berufe
Damit ein Beruf dem Katalogberuf ähnlich ist, muss er in wesentlichen Punkten mit diesem übereinstimmen. Dazu gehört, dass Ausbildung und die berufliche Tätigkeit selbst mit dem Katalogberuf vergleichbar sind.
Alle anderen Tätigkeiten, die nicht in § 18 Abs. 1 EStG aufgeführt sind oder zu den "ähnlichen Tätigkeiten" zählen, sind gewerblich, wenn sie nicht zur Land- und Forstwirtschaft gehören.
Tipp: die Banken haben für sich selbst einen eigenen Katalog mit den Berufen zusammengestellt, die sie selbst unter “Freie Berufe” zusammenfassen. Diese Eingruppierung hat nichts mit der steuerlichen Behandlung zu tun. Umgekehrt ist es auch zwecklos, mit den Banken darüber zu diskutieren, ob man nun -weil steuerlich anerkannt- bei dieser oder jener Bank als Freiberufler behandelt wird.