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Darum könnten die Immobilienpreise in Deutschland demnächst sinken

29.07.2019: Die Immobilienpreise in Deutschland kennen seit Jahren nur eine Richtung: nach oben! Aber damit könnte bald Schluß sein. Der Grund sind neue gesetzliche Auflagen für Banken, die Immobilienfinanzierung schwieriger und teuer machen dürften.

Ein wesentlicher Preistreiber am Immobilienmarkt sind die aktuell extrem niedrigen Zinsen. Dank des Zinstiefs können sich verhältnimäßig viele Menschen auch vergleichsweise teure Immobilien leisten. Aber mit den niedrigen Baugeldzinsen könnte es bald vorbei sein. Grund hierfür sind mögliche neue Regularien für den deutschen Bankenmarkt. Und da trifft es die Banken hierzulande gleich von zwei Seiten.

Die eine Seite ist die EZB. Die europäische Zentralbank bekommt im Oktober 2019 einen neuen Chef bzw. eine neue Chefin. Auf Mario Draghi wird wahrscheinlich Christine Lagarde folgen. Die Französin ist bekannt dafür, dass sie die europäischen Banken "stärker an die Kandare nehmen will", um eine neue Bankenkrise zu vermeiden. Aus der Gerüchteküche ist zu hören, dass eine EZB-Chefin Lagarde u.a. dafür sorgen könnte, dass Banken Immobilien nur noch bis maximal 80 Prozent des Immobilienwertes beleihen/finanzieren dürfen. Damit wären wir in Deutschland dann "zurück in den 60ern" und genau da, wo beispielsweise die Schweiz gerade steht (auch wenn die nicht zur EU gehört). 

Die andere Seite ist der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht (BCBS). Der arbeitet derzeit an neuen Regularien für den internationalen Bankenmarkt ("Basel 4"). Diese Regularien bestehen - stark vereinfach dargestellt- unter anderem darin, dass Banken mehr Eigenkapital (gemeint ist das Eigenkapital der Banken selbst) für das Kreditgeschäft brauchen. Dieses Eigenkapital wächst allerdings nicht auf den Bäumen. Banken müssen sich entweder dieses Eigenkapital teuer am Kapitalmarkt beschaffen oder das Kreditgeschäft drosseln. Beides dürfte zu steigenden Zinsen für Unternehmen und Verbraucher führen.

Die möglichen Maßnahmen der EZB würden dafür sorgen, dass künftig deutlich weniger Verbraucher überhaupt eine Immobilienfinanzierung bekommen würden. Die neuen Regularien von "Basel IV" würden dann zusätzlich dafür sorgen, dass die Verbraucher, die überhaupt noch finanziert werden,  höhere Zinsen für ihre Finanzierung zahlen müssten.

Beides hätte zur Folge, dass der potentielle Käuferkreis für Immobilien erheblich kleiner werden dürfte. Viele Verbraucher denken bei der Kaufentscheidung weniger über den Preis der Immobilie, sondern über die monatliche Finanzierungsrate nach. Steigen die Zinsen, können sie mit gleicher monatlicher Rate weniger finanzieren. Auf diese Marktlage müssten Verkäufer reagieren und die Preise nach unten anpassen.

Die EZB spielt allerdings noch an anderer Stelle eine wichtige Rolle. Durch ihre Zinspolitik hat sie indirekt auch Einfluß auf die Immobilienpreise. Sollte die EZB wie angekündig die Zinsen noch einmal senken und weiter im großen Stil Anleihen aufkaufen, wird das unter Umständen noch mehr Anleger in den Immobilienmarkt drängen. Immobilien wären dann so ziemlich die einzige Anlageform, die neben Aktien überhaupt noch eine Rendite abwirft. Sollte das passieren, dürften die Immobilienpreise wegen der erhöhten Nachfrage eher noch steigen.

Ob es tatsächlich so kommt, wie hier in aller Kürze beschrieben, werden wir abwarten müssen. Sollte es tatsächlich so kommen, würde das dem normalen Verbraucher, der sich Wohneigentum zulegen will, wenig nützen. Wenn die Immobilienpreise stagnieren oder sogar sinken, aber gleichzeitig die Zinsen steigen, hat er für seinen Geldbeutel nichts gewonnen. Und sollte die EZB tatsächlich die Banken dazu verpflichten, einen Minimum an Eigenkapital von ihren Kunden zu verlangen, düften Wohneigentum für viele Verbraucher in weiter Ferne rücken.

Ihr

Olaf Varlemann

Inhaber von baufi-nord.de

Hintergrundwissen "Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht (BCBS)"

Der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (englisch "Basel Committee on Banking Supervision", kurz BCBS) wurde 1974 von den Zentralbanken und Bankaufsichtsbehörden der G10-Staaten als Reaktion auf den Konkurs der Herstatt-Bank und weiterer Banken gegründet. Er hat seinen Sitz an der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel. Zwar ist der Ausschuss institutionell von der BIZ unabhängig. Er wird jedoch von ihr logistisch und technisch unterstützt.

Der Ausschuss tritt alle drei Monate zusammen. Seine Hauptaufgabe ist es, zur Einführung hoher und möglichst einheitlicher Standards in der Bankenaufsicht beizutragen. Dafür arbeitet der Ausschuss Richtlinien und Empfehlungen aus, auf die sich die Aufsichtsbehörden eines Landes stützen können. Diese Richtlinien sind nicht rechtlich zwingend, sondern stellen lediglich Empfehlungen dar, die in nationales Recht umgesetzt werden können. Im Allgemeinen wird aber davon ausgegangen, dass die Empfehlungen übernommen werden, da die Richtlinien in Diskussion mit Banken und Aufsichtsbehörden in aller Welt entstehen.

Die Verlautbarungen des Basler Ausschusses sind nicht rechtlich bindend. Es handelt sich nur um die Formulierung von Richtlinien und Empfehlungen.

Die Empfehlungen werden aber in der Regel in nationales Recht in passender Form übernommen. Dies kann durch eine Richtlinie der EU und ein Umsetzungsgesetz in Deutschland erfolgen. Die Umsetzung erfolgt aber seit Basel III und der CRR immer häufiger durch eine direkt rechtlich bindende europäische Verordnung, hierbei entfällt dann die nationale Umsetzung.

Quelle: Wikipedia