Objektbesichtigung durch Gutachter
Die Objektbesichtigung bezeichnet die Überprüfung einer Immobilie durch ein Kreditinstitut, bevor oder während diese als Sicherheit für eine Finanzierung dient. Diese Besichtigung dient dazu, den Zustand, die Nutzung und den tatsächlichen Wert der Immobilie zu beurteilen, um eine fundierte Grundlage für die Beleihungswertermittlung und das Kreditrisiko zu schaffen.
Es kommt immer wieder vor, dass diese Objektbesichtigung erst lange Zeit nach der Auszahlung eines Darlehens vorgenommen wird. Das könnte daran liegen, dass die eine oder andere Bank dieses Thema nicht besonders ernst genommen hat.
Rechtliche Grundlage für die Objektbesichtigung
Die Verpflichtung der Banken, eine Objektbesichtigung durchzuführen, ergibt sich aus den Anforderungen der Beleihungswertermittlungsverordnung (BelWertV) und den Vorschriften des Kreditwesengesetzes (KWG):
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Beleihungswertermittlungsverordnung (BelWertV):
- § 3 Abs. 2 BelWertV schreibt vor, dass der Beleihungswert einer Immobilie nur dann ermittelt werden darf, wenn das Objekt vorher besichtigt wurde.
- Ziel ist es, sicherzustellen, dass der Beleihungswert auf einer realistischen Einschätzung basiert und nicht allein auf theoretischen oder dokumentarischen Angaben.
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Kreditwesengesetz (KWG):
- § 16 KWG verpflichtet Banken zu einer ordnungsgemäßen Risikosteuerung, die auch eine genaue Einschätzung der Sicherheiten umfasst.
- Die Objektbesichtigung ist ein wesentlicher Teil dieser Risikosteuerung.
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Pfandbriefgesetz (PfandBG):
- Für Hypothekenpfandbriefe fordert § 4 PfandBG ebenfalls eine gründliche Prüfung der Werthaltigkeit der Sicherheiten, zu denen eine Besichtigung zählt.
Ziel der Objektbesichtigung
Die Besichtigung soll sicherstellen, dass:
- Der Zustand der Immobilie dem angegebenen Wert entspricht (z. B. hinsichtlich Bausubstanz, Ausstattung, Größe und Nutzung).
- Die Immobilie tatsächlich existiert und wie beschrieben genutzt wird.
- Mängel oder Risiken, die den Wert beeinflussen könnten (z. B. Schäden, Leerstand, unerlaubte Nutzungen), frühzeitig erkannt werden.
Folgen bei Verweigerung der Objektbesichtigung
Wenn Eigentümer oder Mieter eine Objektbesichtigung verweigern, kann dies erhebliche Konsequenzen haben:
Für die Finanzierung:
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Ablehnung der Finanzierung:
- Ohne Besichtigung darf die Bank gemäß der gesetzlichen Vorgaben keinen Beleihungswert festlegen und somit auch keine Finanzierung bereitstellen.
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Verweigerung weiterer Auszahlungen:
- Im Rahmen eines Neubaus oder einer Modernisierung kann eine Bank die Auszahlung weiterer Darlehensraten stoppen, wenn die Besichtigung verweigert wird.
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Kündigung des Kredits:
- Bei bestehenden Krediten kann die Verweigerung einer Besichtigung als Vertragsverletzung gewertet werden, da der Darlehensvertrag in der Regel eine Klausel enthält, die der Bank das Recht auf Besichtigung einräumt. Allerdings ist höchst umstritten, ob eine solche Kündigung wirksam ist, denn für die Kündigung eines Immobiliardarlehens durch die Bank gelten besondere Anforderungen (z.B. ein bestimmter Ratenrückstand)
Für den Eigentümer:
- Erschwerter Verkauf: Ohne die Möglichkeit zur Objektbesichtigung durch eine finanzierende Bank kann es schwierig werden, potenzielle Käufer zu finden, da diese in der Regel auf eine Bankfinanzierung angewiesen sind.
Für den Mieter:
- Duldungspflicht des Mieters:
- Der Mieter ist gemäß § 555a BGB verpflichtet, Maßnahmen zu dulden, die zur Erhaltung oder Verwertung der Immobilie erforderlich sind. Eine Besichtigung durch die Bank gehört in der Regel zu diesen Maßnahmen.
- Eine Verweigerung könnte unter Umständen eine Abmahnung oder weitere rechtliche Schritte des Vermieters nach sich ziehen.
Ablauf einer Objektbesichtigung
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Ankündigung:
- Die Bank oder ein beauftragter Gutachter kündigt die Besichtigung beim Eigentümer (oder Mieter) an. In der Regel erfolgt dies mit angemessener Frist.
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Durchführung:
- Der Gutachter prüft den Zustand, die Ausstattung und die Nutzung der Immobilie. Dabei werden Fotos gemacht, Maße genommen und Besonderheiten dokumentiert.
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Bewertung:
- Die Ergebnisse der Besichtigung fließen in die Ermittlung des Beleihungswerts ein.
Praktische Bedeutung der Objektbesichtigung
Die Objektbesichtigung ist ein unverzichtbarer Schritt in der Immobilienfinanzierung, da sie:
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Rechtssicherheit für Banken schafft:
- Die Bank kann sicherstellen, dass die Immobilie tatsächlich den Anforderungen der Beleihungswertermittlung entspricht.
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Risikominimierung ermöglicht:
- Mögliche Mängel oder Risiken, die den Beleihungswert beeinträchtigen könnten, werden frühzeitig erkannt.
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Schutz für Kreditnehmer bietet:
- Durch die Besichtigung wird verhindert, dass eine Immobilie überbewertet wird, was zu einer Überfinanzierung und möglichen finanziellen Problemen führen könnte.
Fazit
Die Objektbesichtigung ist gesetzlich vorgeschrieben und ein wichtiger Bestandteil der Immobilienfinanzierung. Sie schützt sowohl die Bank als auch den Kreditnehmer vor Risiken durch falsche Bewertungen. Eine Verweigerung der Besichtigung kann gravierende finanzielle und rechtliche Konsequenzen haben, weshalb Eigentümer und Mieter zur Mitwirkung verpflichtet sind.
Die Kosten für die Besichtigung trägt allein die jeweilige Bank und kann diese auch nicht auf den Darlehensnehmer umlegen.
Tipp
Die Gutachter, die die Besichtigung durchführen haben wahrscheinlich schon alles gesehen, was man in einer Wohnung oder einem Haus zu sehen bekommen kann. Die kann nichts wirklich schocken! Vor dem Termin mit dem Gutachter noch mal kurz durchsaugen, ist nett, aber nicht erforderlich. Insbesondere Mieter sollten daran denken, dass der Gutachter bzw. die Gutachterin den Besichtigungsbricht direkt an die Bank schickt und der Vermieter bzw. die Vermieterin keine Informationen dazu bekommt, wie es in dem Haus oder Wohnung aussieht. Insoweit wird die Privatsphäre gerade von Mietern gewahrt.
Einige Banken lasse sich inzwischen auch auf eine Videobesichtigung ein. Das persönliche Erscheinen des Gutachters ist dann nicht erforderlich.
(Dieser Beitrag wurde mit KI erstellt und anschließend redaktionell bearbeitet und ergänzt)
