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Scheidung und Beziehungsende: was wird aus der Immobilie und der Finanzierung?

Ín Deutschland geht fast die Hälfte aller Ehen irgendwann in die Brüche und auch bei unverheirateten Paaren wird sich die Ternnungsquote wohl in ähnlichen Regionen bewegen. Insoweit sind Trennungen und Scheidungen also nicht ungewöhnliches. Etwas komplizierter wird es allerdings, sobald Paare gemeinsames Wohneigentum besitzen und gemeinsam Darlehen aufgenommen haben. Da gibt es im Falle einer Trennung so einiges zu beachten, denn Fehler können hier fürmächtig Stress sorgen und richtig ins Geld gehen.

Das wichtigeste: Emotionen weglassen!

Eine Trennung ist (fast) immer eine sehr emotionale Angelegenheit. Das gilt vor allem, wenn die Trennung nicht gerade einvernehmlich erfolgt (ist). Aber Wut, Trauer, Enttäuschung usw. sind gerade bei den Thema "Immobilie" und "Immobilienfinanzieung" keine gute Basis für Entscheidungen. Auch wenn Sie Ihrem Expartner bzw. Expertanerin ggf. "die Krätze an den hals wünschen", sollten Sie versuchen, cool und rational zu bleiben - oder zu werden. Ansonsten schaden Sie sich vor allem selbst.

Was ändert sich nach einer Trennung?

Erst einmal ändert sich rein gar nichts. Eigentümer der Immobilie sind und bleiben die Personen, die im Grundbuch als Eigentümer eingetragen sind. Auch bei laufenden Finanzierungen ändert sich nichts. Die Darlehensverträge laufen unverändert weiter. Das bedeutet vor allem. dass die Darlehensnehmer weiterhin jede(r) für sich (gesamtschuldnerisch) für die komplette Darlehenssumme haften. Zieht ein Partner aus der gemeisamen Wohnung aus, ist er oder sie damit die Verpflichtung aus dem Darlehensvertrag nicht los. Dabei ist jeder Darlehensnehmer dafür verantwortlich, dass die Banken die vereinbarten kompletten Zins- und Tilgungsraten bekommen. Einfach nur die Hälfte zahlen, funktioniert nicht. Dabei kann sich jede Bank aussuchen, vom wem sie die monatlichen Raten einfordert.

Wer glaubt, er oder sie könne nach der Trennung den Darlehensvertrag insgesamt oder seinen/ihren Anteil kündigen, irrt gewaltig!

Tipp: insbesondere nach einer Trennung sollte man - wenn man das nicht ohnehin schon getan hat- auch finanziell getrennte Wege gehen. Damit es mit den Banken keinen Stress gibt, sollte man spätestens jetzt ein sog. Hauskonto einrichten. Darauf zahlt jeder seinen Anteil ein und die Raten für die Banken sowie die anfallenden Nebenkosten können von dort in einer Summe abgebucht werden.

Verkaufen oder behalten?

Ist eine Immobilie schuldenfrei, wäre der einfachste Weg, diese zu verkaufen und den Erlös durch zwei zu teilen. Dabei kann natürlich auch einer der Partner seinen Anteil an den anderen verkaufen. Hier müsste man sich dann nur noch über den Wert der Immobilie einigen. Wird man sich nicht wirklich einig, sollte man einen Sachverständigen für die Immobilienbewertung mit einem Wertgutachten beauftragen (Kostenpunkt ca. 1.500 Euro). Schnellbewertungen über irgendwelche Internetportale oder Immobilienmakler sollte man ganz schnell vergessen, denn da bekommt man höchstens eine grobe Werteinschätzung (wenn überhaupt).

Komplizierter wird es, sobald die Immobilie finanziert ist. Bei einem Verkauf könnte man die bestehenden Darlehen kündigen, muss dann aber eine Vorfälligkeitsentschädigigung zahlen, Diese kann dazu führen, dass der Verkaufserlös der Immobilie nicht ausreicht, um die laufenden Darlehen kmplett zu tilgen. Gerade in diesem Fall sollte man darüber nachdenken, ob man die Immobilie zumindest bis zum nächst möglichen Kündigungstermin (z.B. Ende der Zinsbindung) behält.

Abgesehen vom dem finanziellen Aspekten gibt es natürlich auch andere Gründe, die dafür sprechen könnten, dass man nicht verkauft. Gerade Familien mit Kindern solten darüber nachdenken, ob einer der Partner mit den Kindern weiterhin in der Immobilie wohnt, um diese nicht aus ihrem gewohnten Umfeld zu reissen. 

Sollten Sie sich daruf einigen, die Immobilie zu behalten, empfiehlt es sich, untereinander eine schriftliche Vereinbarung zu treffen, wer künftig welche Rechte und Pflichten hat. Ansonsten hat der ausgezogene Ex-Partner beispielsweise weiterhin Hausrecht und kann die Immobilie nach Lust und Laune betreten. Auch sollte eine Regelung getroffen werden, wie ggf. ein späterer Verkaufserlös verteilt wird (insbesondere wenn die Darlehensraten ausschließlich von einem der Partner gezahlt werden). Im Zweifelsfall sollte man hier einen Notar um Rat fragen (dessen Gebührenordnung ist in der Regel günstiger als die von Anwälten).

Raus aus dem Kreditvertrag?!

Wer aus der gemeinsamen Immobilie auszieht und diese dem Expartner überlässt, möchte natürlich aus laufenden Darlehensverträgen raus. Dazu ist es erforderlich, dass die jeweilige Bank den Expartner aus der "Mithaftung" entlässt. Das kannn zum problem werden, wenn die Bank nicht wirklich davon überzeugt ist, dass der verbleibende Darlehensnehmer seinen Verpflichtungen in Zukunft nachkommen kann. Einen Rechtsanspruch darauf, aus der Mithaft entlassen zu werden, besteht nicht. Hier sind alle Beteiligten auf das Wohlwollen des Darlehensgebers angewiesen. Bevor Sie die Eigentumsverhältnisse durch notartielle Vereinbarungen neu regeln, sollte das mit den Darlehensgebern geklärt werden.

Scheidung: Immobilie rauslassen!?

Wer sich scheiden lassen will, sollte das Thema "Immobilie" komplett außergerichtlich regeln, ansonsten kann es teuer werden. Grund : die Anwalts- und Gerichtskosten berechnen sich aus dem Verfahrenswert (gerne auch Streitwert genannt) und der wird von der eigenen Immobilie deutlich nach oben getrieben. Als Verfahrenwert wird allerdings nur der "Nettowert" angesetzt (also der Wert der Immobllie abzgl. vorhandener Belastungen). Von diesem "Nettowert" werden dann 5% als streitwerterhöhend angesetzt.Bei einem "Nettowert" von 100.000 Euro ergeben sich Anwalts- und Gerichtskosten von ca. 600 Euro. Ist der anzusetzende Immobilienwert strittig, kommen dazu noch die Kosten für einen Sachverständigen (ca. 2.000 Euro).

Ob und welcher Höhe der Wert Ihrer Immobilie bei der Berechnung der Verfahrenkosten tatsächlich herangezogen wird, hängt auch von der Praxis des jeweiligen Gerichtes ab.

Ich gehe mit meinen Kunden sämtliche Varianten (bis hin zur Vermietung der Immobilie) durch und bespreche, welche Variante am Ende finanziell am günstigsten und für beide Seiten dauerhaft tragbar ist. Mein Ziel ist es, dafür zu sorgen, dass BEIDE Ex-Partner so gut wie möglich aus der ganzen Sache rauskommen. Und in über 25 Jahren Berufspraxis habe ich da auch schon echte Streithähne (und -hennen) wieder an einen Tisch bekommen und zur Vernunft gebracht.

Ihr

Olaf Varlemann