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Neue EZB-Chefin: das könnte sich bei Immobilienfinanzierungen ändern

08.07.2019: Die Französin Christine Lagarde soll neue Chefin der Europäischen Zentralbank (EZB) werden und Mario Draghi im Oktober 2019 ablösen. Das könnte unter anderem auch erhebliche Folgen für das Geschäft mit Immbilienfinanzierungen in Deutschland haben, denn Lagarde wird andere Schwerpunkte setzen als Draghi.

EZB Folgen Führungswechsel für Immobilienfinanzierungen

Anders als Mario Draghi dürfte Christine Lagarde den Banken im Euroraum noch stärker auf die Finger schauen. Lagarde steht in dem Ruf, großen Wert auf das Thema Finanzstabilität zu legen, während Draghi vor allem das Wirtschaftswachstum im Blick hat(te). In der Folge könnte die EZB den Banken im Euroraum weitere Auflagen machen und noch strengere Regeln für ihr Geschäft aufstellen. Und diese neuen Regeln könnten auch mehr oder weniger direkten Einfluss auf Immobilienfinanzierungen in Deutschland haben.

Ein wesentlicher "Point of Sale", bei dem sich Banken hohe Risiken einfangen können, ist das Geschäft mit den Immobilienfinanzierungen. Risiken entstehen insbesondere dann, wenn der Wert der finanzierten Immobilien niedriger ist als die entsprechenden Darlehen. Dieser sog. Blankoanteil muss von den Banken zumindestens teilweise mit Eigenkapital (dem Eigenkapital der Bank!) unterlegt werden (um es mal sehr vereinfacht auszudrücken). So lange die Immbilienpreise steigen oder mindestens gleich bleiben, haben Banken kein Problem. Problematisch wird es aber, wenn die Immobilienpreise sinken. Mit jedem Preisrückgang steigen die Blankoanteile im gesamten Finanzierungsbestand und damit mindestens der theoretisch mögliche Ausfall im Kreditgeschäft.

In Deutschland haben wir das Problem, dass die Immobilienkaufpreise in den vergangenen Jahren vielerorts überproportional gestiegen sind. Und auch wenn man Wort "Immobilienblase" noch vermeidet oder ignoriert, haben wir sie in einigen Regionen. In diesen Regionen sind die Banken stark im Kreditgeschäft engagiert. Und aufgrund des Wettbewerbsdruck sind die Margen in diesem Geschäft niedrig und Beleihungen verhältnismäßig hoch. Platzt diese Immobilienblase bedeutet das nicht automatisch, dass Banken Geld verlieren. Aber das Risiko, dass es zu Ausfällen kommt, steigt. Und genau da wird die EZB unter Christine Lagarde wahrscheinlich ansetzen.

Eine mögliche Konsequenz kann sein, dass Banken verpflichtet werden, Immobilien nur noch mit einem Minimum an Eigenkapital zu finanzieren. Vielleicht kehren wir hier demnächst zu der berühmt-berüchtigten 80-Prozent-Grenze zurück?! Derartige Beschränkungen sind beispielsweise in der Schweiz bereits Standard. Eine Immobilienfinanzierung ganz ohne Eigenkapital wird es dann nicht mehr geben (oder das Eigenkapital muss ersatzweise anderweitig teuer finanziert werden). Das wiederum könnte den Preisrückgang bei Immobilien allerdings befeuern, denn die potentielle Käuferschicht wird deutlich kleiner, was zu sinkenden Preisen führen kann (und das dann auch nicht nur in den Boom-Regionen)

Einfacher wird das Geschäft mit Immobilienfinanzierungen in Zukunft sicher nicht. Zudem dürften weitere Auflagen der EZB dazu führen, dass die Banken in Deutschland weitere Ertragseinbußen hinnehmen müssen. Hier wäre es - zumindest theoretisch- möglich, dass Banken versuchen werden, die Margen im Baufinanzierungsgeschäft zu erhöhen. Noch verhindert das der Wettbewerb, aber wenn hier eine bzw. einige Banken vorpreschen, könnte die gesamte Branche mitziehen.

Ich hoffe, dass die EZB unter der neuen Präsidentin Lagarde genug Fingerspitzengefühl besitzt, um die befürchtet Abwärtsspirale nicht zu befeuern oder gar auszulösen.

Ihr

Olaf Varlemann

Inhaber von baufi-nord.de