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Photovoltaik: Stromzähler, die rückwärts laufen?!

Deutschland setzt auf alternative Energien, insbesondere auf die Stromgewinnung mittels Photovoltaikanlagen. Eine Punkt stört dabei besonders: für den nicht benötigten Strom bekommt man wesentlich weniger Geld als für den Strom, den man bei Bedarf aus dem Stromnetz beziehen muss. Stromspeicher sind da nur ein schwacher Trost. Die Lösung wären Stromzähler, die auch rückwärts zählen. Aber warum gibt es das in Deutschland nicht? Und warum könnte sich das bald ändern?

Photovoltaikanlage Einspeiseverguetung

Wer in Deutschland eine Photovoltaikanlage auf dem Hausdach hat, verbraucht den so produzierten Strom erst einmal selbst. Produziert man mehr Strom als man aktuell braucht, wird dieser in einem Stromspeicher gespeichert. Produziert man, insbesondere in den Sommermonaten, noch mehr Strom, wird der an den Stromversorger verkauft. Als Stromproduzent bekommt man so die sog. Einspeisevergütung.

Photovoltaikanlagen, die vorrangig der Eigenversorgung dienen, bekommen als feste Einspeisevergütung in 2023 8,2 Cet pro kWh (Anlagengröße bis 10 kWp; ab 10 kWp 7,1 Cent pro kWh).

Beispiel: Eine 15 kWp-Anlage zur Eigenversorgung erhält für die ersten 10 kWp 8,2 Cent und für die verbleibenden 5 kWp 7,1 Cent pro kWh, im Durchschnitt also 7,8 Cent pro Kilowattstunde.

Das dumme an der Geschichte: in dem Augenblick, in dem der selbst produzierte Strom nicht mehr reicht und auch der Speicher leer ist, muss ich den benötigten Strom aus dem Netz beziehen und zahle dafür ca. 40-60 Cent je kWh (Stand Feb. 2023), also deutlich mehr. Das ist doch irgendwie blöd?!

Das findet auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und möchte es unseren Nachbarn in den Niederlanden oder Skandinavien nachmachen. Dort gibt es keinen Unterschied zwischen dem eingespeisten Strom und dem, den man bei Bedarf wieder aus dem Stromnetz bezieht. Dort läuft der Stromzähler einfach vor- und rückwärts. Das ganze "Gedöns" mit der Einspeisevergütung und  den Preisunterschieden würde dann ggf. entfallen.

Aber: zum einen muss man dafür natürlich wieder mal mindestens ein Gesetz ändern (siehe z.B. § 268 Strafgesetzbuch). Und zudem müsste man die vorhandenen Stromzähler austauschen, denn die haben eine Rücklaufsperre. Das wäre ein echte Herausforderung und würde entsprechend lange dauern.

Im Finanzministerium ist also noch etwas zu tun, wenn man tatsächlich dort hinkommen will. Daneben hat man dort beim Thema Photovoltaik ja noch ein paar andere Baustellen (siehe u.a. die steuerliche Behandlung von Anlagen auf Mehrfamilienhäusern).

Kleiner Praxistipp: das Problem mit dem Preisunterscheid kann man natürlich mit einem Speicher ein gutes Stück weit ausgleichen. Ob und in wie weit sich das rechnet, muss man in jedem Einzelfall abwägen. Auf jeden Fall sollte man aber ggf. sein Nutzer- bzw. Verbraucherverhalten ändern. Wer eine PV-Anlage auf dem Dach hat, gewöhnt sich schnell daran, bei Sonnenschein noch schnell "eine Maschine Wäsche durchzujagen" (statt die Wasch- oder auch Spülmaschine abends anzustellen).

Ihr

Olaf Varlemann

Geschäftsführer der Baufi-Nord GmbH

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